Frage des Monats vom Juli 2016
? Frau G. ist an Epilepsie erkrankt und möchte im Sommer eine USA Reise unternehmen. Sie fragt: Was muss ich im Blick auf den Auslandskrankenschutz und die Reiserücktrittsversicherung beachten?
Bernhard Brunst Bernhard Brunst
Epilepsie-Fachberater

Herr Rupprecht Thorbecke M.A. vom Epilepsie-Zentrum
in Bethel hat dazu eine dezidierte Antwort gegeben:


„Bei der Reisrücktrittsversicherung müssen Epilepsiekranke besonders
umsichtig sein, damit die Versicherung tatsächlich auch leistet.
Hintergrund ist ein Urteil des Amtsgerichtes München aus dem Jahr
2010 , in dem entschieden wurde, dass nach einem ersten epileptischen
Anfall die Reiserücktrittsversicherung nicht eintreten muss, sofern
ärztlicherseits nicht bestätigt wird, dass die „Grunderkrankung“
„geheilt“ sei.

Der Kläger hatte eine Reise ca. 4 Monate im Voraus gebucht und zugleich
eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. Kurz darauf erlitt er
einen ersten epileptischen Anfall und wurde in einem Krankenhaus
untersucht. Bei der Entlassung wurde ihm von den Ärzten mitgeteilt, er
sei arbeits- und reisefähig. Am Tag des geplanten Reiseantritts, hatte
der Kläger dann erneut einen epileptischen Anfall, aufgrund dessen
er die Reise stornierte.

Die Versicherung erstattete dem Kläger nur den Betrag des Reisepreises,
der als Stornokosten angefallen wäre, wenn er nach dem ersten
epileptischen Anfall storniert hätte.
Das Gericht sah dies als rechtens an mit der Begründung, nur wenn der
Arzt mit Sicherheit eine völlige Wiedergenesung bis zum Reiseantritt
bestätigt hätte wäre die Stornierung nicht fahrlässig unterlassen
worden. "Dass dem Kläger bei der Entlassung mitgeteilt wurde, er sei
arbeits- und reisefähig, ändert nichts daran, dass diese Krankheit als
ungeheilte Grunderkrankung fortbestand".

Aus meiner Sicht wäre es auf die Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger
nach dem ersten Anfall einen weiteren bekommen hätte, wofür es
einschlägige Zahlen gibt, angekommen. Der Kläger ist ab nicht in die
Berufung gegangen, so dass dieses Urteil rechtskräftig ist.

Daraus folgt, dass Epilepsiekranken unabhängig davon, ob sie
anfallsfrei sind oder nicht dringend zu raten ist die
Versicherungsgesellschaft vor Vertragsabschluss über die Risikosituation
(Epilepsie) zu informieren. Dabei sollte ein vom behandelnden Arzt
ausgestelltes Attest, in dem dieser eine Einschätzung des Risikos einer
Reiseunfähigkeit in Bezug auf die geplante Reise durch die Epilepsie
gibt, vorgelegt werden.

Auf Grund der Europäischen Richtlinien sind Versicherungen frei die
Allgemeine Bedingungen für die Reiserücktrittskosten-Versicherung (ABRV)
selber zu definieren.
Bei der WÜRZBURGER VERSICHERUNGS-AG heißt es z. B “…. 2.3 Die
Würzburger ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn für die
versicherte Person/ Risikoperson der Versicherungsfall bei Abschluss der
Versicherung voraussehbar war.

Für den Fall, dass die versicherte Person/Risikoperson die Würzburger
vor Vertragsabschluss über die besondere Risikosituation informiert hat,
und diese dem Vertragsabschluss zugestimmt hat, bleibt die Würzburger
jedoch zur Leistung verpflichtet“.
(https://www.travelsecure.de/bedingungen/AVB_RR.pdf)
Ich habe kürzlich mit einer Vertreterin der Allianz-Versicherung die
Möglichkeiten für Epilepsiekranke eine Reiserücktrittsversicherung
abzuschließen besprochen. Sie bestätigte das hier vorgeschlagene
Vorgehen.

Möglicherweise gibt es noch andere Versicherungen, mit ähnlichen ABRV
wie bei der Würzburger. Dass die Bruderhilfe, die übrigens seit einiger
Zeit zur Coburger Versicherung gehört, ein solches Angebot hätte, ist
mir nicht bekannt.

Informationen zu weiteren Versicherungen erhalten Sie u. U bei der
Versicherungsstelle für chronisch kranke und behinderte Menschen.
Das Competence Centrum Behindertenhilfe berät in Zusammenarbeit mit dem
Paritätischen Wohlfahrtsverband und der Paritätischen Vorsorge zu
Versicherungen für Menschen mit Behinderungen und ihre pflegenden
Angehörigen. www.versicherungsstelle-ccb.de „.

Rupprecht Thorbecke M.A.
Epilepsie-Zentrum Bethel

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